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Agile Transformation

Voraussichtliche Lesedauer: 11 Minuten

Spickzettel zur agilen Transformation

Agile Transformation ist längst angekommen in Projekten, die keine Software-entwickeln sind oder Teams, die mehr bearbeiten als ein einziges Projekt. Dennoch ist der Begriff „agil“ – oft fast verbrannt – weil er gedanklich reduziert wird auf ein einziges Software-Projekt im Team, das mit Scrum umgesetzt wird.

Da mein Arbeitsumfeld genau nicht (mehr) die reinen Scrum-Implementierungen in Software-Teams ist, hierzu ein kleines Cheat Sheet (aka Spickzettel).

Wozu ein Spickzettel zur Transformation?

Er kann helfen

  • selbst zu prüfen, ob im Team schon agil gearbeitet wird, eine agile Transformation schon läuft
  • welche Elemente, vielleicht auch separat zu wachsender Agilität führen können,
  • sich zu erinnern, welche Punkte vielleicht über die Zeit in den Hintergrund gerückt sind,
  • und vor allem mir helfen etwas zum Reflektieren mitzugeben, ohne gleich eine vorurteilspegrägte Meinungsdisussion zu führen,
  • uvm. ….

Eine Erkenntnis vorangestellt: agil muss nicht vorbereitet werden und von einem Tag auf den anderen „umgeschaltet“ werden. Meiner Erfahrung nach ist es viel hilfreicher die Einführung agiler Methoden als agilen Prozess selbst zu gestalten.

Und gerade in Teams, die heute schon viel Regeltätigkeit haben ist die Frage ja durchaus berechtigt: „Wie wollen wir denn ein Product-Review machen?“ Die Antwort kann man als Trainer / Coach / Berater gar nicht geben, ohne tief im Team zu stecken. Deswegen: am besten hangelt sich das Team in der Transformation selbst zu der Antwort und gestaltet sie.

Bei dieser Transformation kristallisiert sich auch heraus, welche Arbeiten im Team flüssige Prozesse sind, die vielleicht optimiert werden können. Und wo es wirkliche Verbesserungsansätze gibt.

Agile Transformation heisst zunächst Wissen aufzubauen. Mein Buch Tipp dazu:

Und gerade auf dem Weg dahin, macht es Sinn sich zu vergegenwärtigen, welche agilen Elemente zur agilen Transformation gehören, um wirklich agil zu werden. Agil zu verstehen ist einfach, agil zu leben schwer. Die Methoden sind helfen dabei primär einen in ein Handeln zu bringen, um am Ende durch die Erfahrung das MindSet anzupassen. Denn unterm Strich geht es genau darum. Ein perfektes, agiles MindSet braucht kein Scrum, Kanban, OKR oder sonstiges.

Nun aber genug der Vorrede, hier kommt die agile Checkliste, das agile Cheat Sheet:

Freiheit für das Team

agiles Team - interdisziplinär & autonom Pin
agile Transformation – interdisziplinär & autonom

Agil als Unternehmen zu ticken, heißt in kurzen Zyklen zu arbeiten, um schnell messen zu können. Wir wollen unverzüglich wissen, ob wir auf dem richtigen Pfad sind und ob uns der letzte Schritt messbar weitergebracht hat. Das klappt nur, wenn wir Einheiten (Teams) befähigen unabhängig im Rahmen ihrer Zielstellung zu entscheiden. Das Team übernimmt die Verantwortung aus Zeit und Budget den maximalen Wert für das Unternehmen zu schaffen. Das geht nur, wenn es auch schnell Entscheidungen treffen kann. Und schnell Entscheidungen fällen bedeutet die Freiheit zu haben selbständig zu entscheiden. Verantwortung und Freiheit kommen als Paket. Welches Team kann innerhalb von 2 Wochen liefern, wenn es von längeren Entscheidungszyklen des Managements abhängig ist? Gleiches gilt für andere Abhängigkeiten außerhalb des Teams, die es zu reduzieren gilt. Das funktioniert in der Praxis nicht immer, damit geht aber einher, daß es ggf. eine Handbremse gibt, die eine zeitnahe Lieferung und Messung verhindern.

Frage: Können wir als Team in den nächsten 2 Wochen ohne Abhängigkeiten „außerhalb“ frei arbeiten und liefern?

Team Struktur

Die Unabhängigkeit von außen ist der eine Teil, der andere Teil ist die fachliche Unabhängigkeit. In der agilen Welt gerne „interdisziplinäres Team“ oder „Cross-funktionales Team“ genannt. Sind alle fachlichen Kompetenzen im Team für die Regelproduktion vorhanden und (auch zu Punkt 1) sind punktuelle fachliche Kompetenzen außerhalb des Teams „quasi unverzüglich“ verfügbar. Wie schon erwähnt: schnelle Zyklen, zeitnahe Messung in der Verantwortung des Teams brauchen dann auch die Verfügbarkeit der notwendigen Parameter im Team. Sonst kann keine Verantwortung übernommen werden.

Frage: Ist unser Team mit allen Fachkompetenzen ausgestattet, um typische Produktionsaufgaben zu lösen?

Das Team arbeitet als Team

agile Transformation: Team-Vertrauen Pin
agile Transformation: Team-Vertrauen

Ist ein Team ein Team? Spannende Frage und ehrlich gesagt vollkommen unabhängig von agil oder nicht. Viele Teams sind heute sogar schon Cross-funktional aber noch lange kein Team. Gemeinsame Verantwortung kann nicht übernommen werden, wenn einzelne „Silo-Köpfe“ einfach in ein Team definiert werden und dadurch vielleicht per Zufall zusammensitzen. Es braucht ein Verständnis von allen, was WIR als Team erbringen müssen, ein Vertrauen in das Engagement der Kollegen und ja, die Möglichkeit die Lieferung auch bei einem plötzlichen Ausfall des „Mr. oder Mrs. Brain“ zu erbringen.

Spannender Konflikt, der offenbart, dass das nicht als Team funktioniert: Das gemeinsame Durchdenken der anstehenden Aufgaben wird als Overhead empfunden und nicht als transparenter Austausch und gemeinsame Wissensvermittlung. (Planning bzw. Planning 2).

Siehe auch T-Shape bzw. Drippy-T Modell.

Frage: Weiß jeder im Team, was gemacht werden muss, um in den kommenden 2 Wochen abzuliefern und können sich Team-Mitglieder auch ein Stück weit dabei helfen, um Engpässe zu minimieren?

Um „Team“ zu leben, helfen in der agilen Denke natürlich auch einige der folgenden Punkte. Denn das Team ist der Dreh- und Angelpunkt der agilen Welt.

Transparenz, Resultate und Fehler

agile Transformation: Transparenz Pin
agile Transformation: Transparenz

Transparenz ist ein hoher Wert in der agilen Welt. Das dient vor allem dem gemeinsamen Austausch, der frühen Sicht wo es Engpässe gibt aber vor allem wo wir falsch gelegen haben. Falsch mit unseren Schätzungen des Aufwandes, unseren Hypothesen des Erfolges. Denn wir wollen ja lernen, besser werden und Fehlversuche als Wert im Sinne von „Die Organisation ist klüger geworden“ sehen. Es geht bei der Transparenz nicht um die Kontrolle von oben, eine häufig verbreitete Fehlannahme und oft eine unterbewusste Fehlannahme. Sondern es geht darum, dass wir mittels Transparenz viel besser gemeinsam voran schreiten können.

Fragen:
Wir wissen immer wo wir hin wollen?
Wir wissen immer wer woran arbeitet?
Wir wissen immer wo es auf dem Weg gerade hakt?

Gemeinsame Ziele

agile Transformation: Team Ziele Pin
agile Transformation: Team Ziele

Als Team zu wissen, was wir erreichen wollen ist unabdingbar, um in die gleiche Richtung zu rudern. Welchen Wert schaffen wir für das Unternehmen, wer sind unsere Kunden / unsere Abnehmer im Projekt. Das ist nicht bei allen Teams ohne Markt-Kontakt leicht zu beantworten und darin liegt auch schon ein guter Lackmus-Test, denn das sollte jedes Team präsent haben:

Frage: Für wen erzeugen wir gerade welchen Wert?

(heute, diese Woche, diesen Monat, dieses Jahr)

Bonus-Frage: Sortieren wir alles aus, das nicht auf diesen Wert einzahlt?

Nichts verbindet ein Team mehr als gemeinsam Erreichtes. Wenn wir Woche für Woche, Monat für Monat abliefern, feiern können und vielleicht noch messbar sehen, dass wir uns verbessern, haben wir es geschafft. Keine Team-Building Maßnahme ist effektiver.

Verbesserung als Selbstverständnis

agile Transformation: Verbesserung Pin
agile Transformation: Verbesserung

Egal ob wir in einem Team arbeiten, welches primär Tagesgeschäft abwickelt und sich vielleicht die Frage stellt: „Wozu diese ganze agil getriebene Innovation?“ oder ob wir an dem letzten heißen Scheiß für Endkunden mit direkten Feedback arbeiten. Wenn wir ein funktionierendes Team sind, ist die stete Verbesserung und auch die Demut zu hinterfragen, wie es denn vielleicht noch anders, besser geht der 2. Kernpunkt von agilen Organisationen. Die agile Welt hat hierzu die Retrospektiven in allen Formen und Farben als Werkzeug – sich nach einem Zyklus zu fragen:

  • Wo waren wir gut?
  • Wo wollen wir besser werden?
  • Was genau nehmen wir uns jetzt vor?

Frage: Was proben wir aktuell als Verbesserungsvorhaben und wann messen wir den Erfolg?

Eine feste Taktung

agile Transformation: Interaktion Pin
agile Transformation: Interaktion

Regelmäßige zeitliche Taktungen in der agilen Arbeitsweise helfen uns den Moment des Innehaltens fest zu implementieren. Im Alltag geht das tendenziell ansonsten unter. Das ist oft auf 2 Ebenen hilfreich (und ich bleibe auch hier bewusst von Methoden wie Scrum oder OKR entkoppelt, da ich ein allgemeines Gerüst liefern möchte):

  1. Ebene: der Umsetzungszyklus, nach dem bewertet wird, wie erfolgreich wir waren und was wir uns für den kommenden Zyklus vornehmen. Hier reden wir tendenziell über Wochen.
  2. Ebene: die Produktion, während der Umsetzung wollen wir dessen Fortschritt optimal managen. Dazu hilft eine kürzere Taktung, um im gesamten Umsetzungszyklus mehrfach nachsteuern zu können (häufig in Dailies realisiert).

Frage: In welchen festen Rhythmen machen wir einen Boxen-Stop für eine Bilanz?

Nicht-Tun

Uh, großer Schmerz in vielen Terminen. Ziele, Priorisierung, Fokus bedeutet bewusst zu entscheiden Dinge nicht zu tun. Aus meiner Sicht ist das der größte Hebel von agilem Vorgehen. Wir arbeiten ja nicht mehr – im Gegenteil wir wollen Stress reduzieren. Der Fokus auf „Für wen wollen wir was erreichen“ hilft also dabei „alles andere“ eben jetzt nicht zu tun, sondern für später zu vertagen oder vielleicht auch ganz zu verwerfen. Das ist nicht schwarz oder weiß – natürlich gibt es immer Dinge die „irgendwie laufen müssen“. Aber es hilft unglaublich diese Kultur zu etablieren und den Freiraum für die Produktion von Business Value zu nutzen:

Frage: Welche Aufgaben oder Ideen haben wir aufgrund der aktuellen Ziele im letzten Monat bewusst nicht gemacht?

Und: Ja, das tut weh und ist ungewohnt.

Fazit für eine agile Transformation

Wenn diese Fragen alle beantwortet werden können bzw. positiv beantwortet werden können, dann ist das Team oder die Organisation schon auf einem sehr adaptiven Weg inkl. kontinuierlicher Verbesserung. Die Mechanismen für eine schnelle Anpassung, die getrieben ist durch die Menschen in den produktiven Bereichen sind vorhanden. Und damit steht dem Wachstum des MindSet nichts im Wege. Die nächsten Fragen könnten sein:

  • Wie können wir agil noch in andere Bereiche bringen?
  • Welche Anwendungsbereiche sehen wir noch?
    • Neue Produkte
    • Services
    • Prozessverbesserungen
    • Etc.

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