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Gute Fragen und bewusste Kommunikation sind vermutlich das kraftvollste Instrument mit anderen Menschen umzugehen – Familie – Freunde – Kollegen – Mitarbeiter. Nicht zuletzt zeigt das der Spruch:
Und Fragen sind ein wesentlicher Bestandteil unserer Unterhaltungen. Vor allem dann, wenn wir etwas in Gang bringen wollen und nicht einfach nur aus uns selbst heraus erzählen.
Mit der Frage ist ein Weg für den weiteren Verlauf vorgezeichnet. Es wird der Fokus schon durch die Frage gelenkt.
Und gleichzeitig sind Menschen bei einem minimalen Harmonie-Level geneigt Fragen auch zu beantworten. Es braucht schon etwas Disharmonie, um zu sagen oder denken: „Nee, die Frage beantworte ich nicht“.
Menschen wollen Fragen beantworten und wir können durch Fragen die Richtung etwas steuern.
Dabei gibt es keine „richtigen“ oder „falschen“ Fragen. Es kommt immer darauf an, was Du erreichen willst. Und genau das wollen wir uns etwas genauer anschauen.
Für mich gibt es erstmal 2 Unterscheidungen, die helfen das gewünschte Ergebnis zu erreichen (und ich möchte jetzt bewusst nicht in Grammatik und Deutschunterricht verfallen und Klassiker wie Rhetorische Fragen und Suggestiv Fragen auseinander nehmen):
- Offene und Geschlossene Fragen
- Zeitpunktorientierte und prozessorientierte Fragen
Ich fange mit der 2. Unterscheidung an, weil ich die für wichtiger und weniger bekannt halte.
Zeitpunkt- und prozessorientierte gute Fragen
Hierbei handelt es sich immer um offene Fragen, also Fragen, die nicht mit „Ja“ oder „Nein“ zu beantworten sind. Sie brauchen etwas mehr Inhalt, um sinnvoll beantwortet zu werden.
Wenn man sich einen Zeitstrahl vorstellt kann das Thema worum es geht auf einem Zeitpunkt verortet werden. Prozessorientiert sind Fragen dann, wenn sie den Ablauf hin zu diesem Thema oder weg von diesem Thema beschreiben.
Beispiele:
- Wie kommt es dazu, dass Du zu spät gekommen bist?
- Wozu führt es, dass wir jetzt ein Auto haben?
- Was resultiert aus dem neuen Gesetz?
Dies sind typischerweise Fragen, bei denen es Menschen sehr leicht fällt, eine Reihenfolge vom einen Zeitpunkt zum anderen zu beschreiben: eins führt hier zum anderen.
Der große Wert der prozessorientierten Fragen wird durch eine Betrachtung der zeitpunktorientierten Fragen klar.
Im Unterschied zu prozessorientierten Fragen sind sie auf den Zeitpunkt bezogen. Das davor oder danach, spielt keine Rolle in der Frage. Die besten Beispiele sind: „Wieso“, „Weshalb“, Warum“ Fragen.
Dabei geht es um die Erklärung einer Situation, eines Zustandes. Es geht nicht darum, wie es dazu gekommen ist oder wozu das führt. Diese Art von Fragen lädt zu Rechtfertigungen ein, was erstmal ein unschöner Moment ist.
„Warum?“ ist auch eine häufig genutzte Schuldfrage der Presse.
Prozessorientierte Fragen helfen Informationen zu liefern.
Zeitpunktorientierte Fragen fordern tendenziell eine Begründung.
Für gute Kommunikation würde ich eher auf „Warum“-Fragen verzichten bzw. generell zeitpunktorientierte Fragen eher bewusst und dosiert einsetzen.
Es gibt eine große Ausnahme: Wenn man Dingen wirklich auf den Grund gehen will, z.B. bei Werte-Arbeit, um tiefer und tiefer in die Gründe vorzudringen.
Vergleich der Fragetypen
Wie kann eine Antwort aussehen bei den beiden unterschiedlichen Fragen:
- Warum ist das kaputt gegangen?
- Wie kam es dazu, dass das kaputt gegangen ist?
Oder
- Wie kommt es zu Deiner Verspätung?
- Warum bist Du zu spät?
Prüfe mal, bei welcher Art der Frage Dir eine Antwort leichter fällt.
Geschlossene Fragen
Fragen, die eine Menge an Antworten vorgeben sind geschlossene Fragen. Als Antwort wird dann erwartet, dass es eine dieser „Vorschläge“ ist.
- Gehst Du heute zur Arbeit?
- Möchtest Du Milch oder Zucker?
Aber auch Multiple-Choice Fragen sind geschlossene Fragen. Hier mit einem freien Text zu antworten, wird den Fragenden erstmal überraschen.
Geschlossene Fragen sind hilfreich, wenn man eine klare Antwort braucht oder wenn man von sich aus nicht mehr Auswahl zulassen will. Es kostet das Gegenüber Mühe bei einer geschlossenen Frage mit einer freien Antwort zu antworten. Das Hirn ist auf „auswählen“ programmiert.
Offene Fragen
Fragen, die zu freier Rede als Antwort einladen sind offene Fragen. Sie dienen dazu Informationen des Gegenübers zu erlangen, ihn zum Sprechen zu bringen.
- Wie war dein Abend?
- Welche Vorteile siehst Du in der Lösung A?
- Was wäre Deiner Meinung nach der Weg?
Konstruktive Fragen
Da wir hier über Miteinander von Menschen reden, geht es auch bei den Fragetechniken darum, wie wir das konstruktiv gestalten. Dabei ist ein weiterer Aspekt die Gestaltung der Frage im Sinne einer positiven Orientierung.
Wir können Fragen und uns auf das „Problem“ konzentrieren, dann wird das Gegenüber auch „Problem“ als Grundgedanken haben.
Wir sind aber auch in der Lage auf „Lösung“ zu fokussieren, dann geht es dem Gegenüber tendenziell genauso.
Beispiel:
- Wo waren wir schlecht?
- Wo wollen wir besser werden?
Was klingt attraktiver?
Wie bei vielen Themen rund um gute Kommunikation gilt wieder:
- Es geht um steigern der Wahrscheinlichkeit, besser voran zu kommen.
- Erstmal beobachten und wahrnehmen.
- Dann üben.
(gerne für Team-Work verwenden – z.B. Retrospektiven)
Am Ende bleibt hängen und wird zur Gewohnheit, was zu Euch passt.
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